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Seeigel, Seesterne, Anemonen: Beim Paddeln vor der Küste Neufundlands habe ich Meeresleben zum Anfassen erlebt. Und Geschichten aus der Zeit gehört, als gammeliger Fisch noch gegen Rum getauscht wurde.

Jujuuu, ein Wasserfall

Lila, Rosa oder Rot? Larina Carroll greift ins Wasser und wählt einen der vielen Seesterne aus, in zartem Violett schimmert er in der Sonne. Ihre Kollegin Dee sammelt währenddessen Seeigel, wie reifes Obst pflückt sie die stacheligen Kugeln von den Felsen unter der Wasseroberfläche und drückt jedem von uns einen in die Hand, pieksend, nass, stark riechend. Wenn ich ihn unter Wasser halte, steigen kleine Luftbläschen auf.

Dee mit Seestern

Alle paar Paddelschläge deutet Larina ins Wasser, das hier so klar ist, dass man zeitweise in einem leeren Raum zu schweben meint. Wie in einem Supermarkt greift die Meeresbiologin in die „Unterwasserregale“, holt Seegurken heraus und Seegras, dessen Samenkapseln wir mit einem lauten „Plopp“ zum Platzen bringen. Einmal ist der Untergrund schwarz vor Muscheln, später bedecken Seeanemonen die Felsen, bewegen sich im sanften Rhythmus der Wellen.

Meeresbiologin Larina Carroll

Mit gemächlichen Schlägen paddeln wir vor der Avalon Peninsula im Osten von Neufundland. Larina steuert in eine enge Höhle. Mit den Händen schieben wir unsere Kajaks an den kalten, nassen Wänden entlang. Dumpf hallt die Stimme, als die Paddlerin vom Fischreichtum der Region erzählt: Schon im 10. Jahrhundert folgten Wikinger den Schwärmen bis hierher. Nach der Wiederentdeckung Amerikas setzten Fischer aus England, Irland, Frankreich und dem Baskenland jeden Sommer die Segel Richtung Neufundland.

Wer wohnt denn hier?

Seefahrer John Cabot, der die Insel 1497 als Erster sichtete, notierte in seinem Logbuch, dass man den Fisch körbeweise aus dem Ozean tragen könne. Andere berichteten von so dichten Schwärmen, dass man mit dem Boot kaum durchrudern konnte. Wer hier „Fish“ sagt, meint: Kabeljau. „Cod“ war immer der König unter den Fischen: Gesalzen und getrocknet blieb er Jahre haltbar. Er füllte hungrige Mägen in Europa und die Lagerräume spanischer Schiffe bei ihren Eroberungsfahrten nach Südamerika.

Kleine Paddelpause

„Jellyfish“ ruft plötzlich jemand von vorne, eine metergroße Qualle gleitet vorbei, in hellem Rot hebt sie sich vom schwarzen Untergrund ab. Wir gleiten unter einem steinernen Bogen hindurch, ein beliebter Platz von Libellen, die um unsere Köpfe surren. „Unter uns liegt das Wrack eines Rumschmugglers“, sagt die Paddelführerin. „Auch den Rum verdanken wir dem Kabeljau.“ Denn selbst die schlechteste Fisch-Qualität, wegen der Maden „maggoty“ genannt, fand einst willige Abnehmer: Sie landete in der Karibik auf den West Indies. „Die Leute dort revanchierten sich mit ihrem übelsten Rum – ein gerechter Tausch.“

Kirche am Ufer

Info: Sea Kayak-Touren mit Stan Cook gehören zu den Canadian Signature Experiences, Tel. +1 (709) 579 6353, www.wildnfld.ca.

Die Recherche zu diesem Beitrag fand mit Unterstützung von Newfoundland & Labrador Tourism statt.