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Zwei Männer, ein zugefrorener See, ein Loch im Eis – und fette Beute unter Wasser. Ein Tag beim Ice Fishing am Rande des Banff Nationalparks.

Manchmal denke ich beim Angeln an Frauen“, sagt Anders Roussy. „Aber meistens sitze ich nur da und schaue in die Landschaft.“ Und die ist atemberaubend: der zugefrorene See, unter der Last des Schnees gebeugte Fichten, von Eis bedeckte Berggipfel. Mit einem eleganten Schlenker lässt Anders den Angelhaken durch das frisch gebohrte Eisloch plumpsen. Der Köder sinkt auf den Grund des 30 Meter tiefen Sees, dann bringt Anders ihn mit einer Drehung an der Kurbel in Stellung: „Knapp über dem Boden beißen sie am besten.“

Außer uns ist keine Menschenseele auf der weiten Fläche des Spray Lakes am Rande des Banff Nationalparks. Plötzlich zuckt es an der Leine, Anders reißt die Rute nach oben und kurbelt wie ein Besessener. Aus dem schmalen Eisloch gleitet ein glänzender Fischleib. „Das wird unser heutiges Glücksloch!“ jubelt der Eisangler. Mit einem Zahnpasta-Lächeln wirft er sich und den Fisch routiniert für ein Siegerfoto in Positur.

Anders Roussy vor seiner Angelhütte.

„Zum Fischen geboren“ – diesen Titel könnte Anders‘ Lebensgeschichte tragen. Seinen ersten Fisch fing er mit fünf. „Geh spielen“, hatte sein Onkel damals zu ihm gesagt, und ihm Stock, Schnur und Angelhaken in die Hand gedrückt. Mit Erfolg: Der Junge ließ sich während der gesamten Ferien nicht mehr blicken.

Während er erzählt, zieht Anders routiniert einen Fisch nach dem anderen aus dem Wasser und freut sich wie ein Kind über jeden einzelnen: „Wow, schaut euch dieses Prachtexemplar an.“ Der Naturschutz ist für die Sportler oberstes Gebot. Nur die ersten drei Fische des Tages dürfen behalten werden. Die übrige Beute kommt zurück ins Wasser.

Erst nach einer Stunde bekommen wir kurz Besuch: zwei Gespanne mit Schlittenhunden jagen vorbei. Kein Bellen ist zu hören, nur das Hecheln der Hundekehlen, das Klirren des Geschirrs und das Kratzen der Kufen auf dem Eis. Nicht überall in Amerika geht es beim Eisangeln so einsam zu. Auf machen Seen stehen die Hütten der Angler eng wie kleine Reihenhaussiedlungen. Und in Imbissbuden wird frischer Fisch gegrillt – für Angler ohne „Petri’ Heil“.

Fette Beute frisch aus dem See.

Nach dem Angeln zerlegt Anders die Beute in zartrosa schimmernde Filets, alles unter den wachsamen Augen einiger Raben, die auf die Reste warten. In einer kleinen beheizten Schutzhütte legt er die saftigen Filets ins brutzelnde Öl. Nach wenigen Minuten halten wir ein knuspriges Fischsandwich in den Händen. Während er noch kaut, hat Anders schon wieder eine Angel ausgeworfen. Sein Blick verliert sich in der Ferne. Tiefste Meditation – oder doch wieder die Frauen?

Infos: Die Saison dauert in der Regel von Dezember bis April, Touren starten in Canmore am Rande des Banff Nationalparks. Buchung über Banff Fishing Unlimited, www.banff-fishing.com.